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Das kulturelle Erbe der Totonak – Zum Zusammenhang immateriellen Kulturerbes und indigenem Selbstverständnis

Ritual Ceremony of the Voladores

Um die Nominierung als immaterielles Kulturerbe im Zusammenhang zum Register guter Praxisbeispiele zu untersuchen, reiste ich in die Stadt Papantla an die Ostküste Mexikos. Dort befindet sich das Bildungszentrum für indigene Kunst (el Centro de las Artes Indígenas – CAI), welches von der indigenen Gruppe der Totonak geleitet wird. Im Jahre 2012 nahm die UNESCO das Bildungszentrum in das Register modellhafter Projekte zum Schutz und Erhalt kulturellen Erbes auf. Bei den Totonak handelt es sich um eine von mehreren in Mittelamerika ansässigen Gruppen, die die rituelle Zeremonie der Voladores (la Ceremonia Ritual de los Voladores) praktizieren. Eine Zeremonie, die seit 2009 immaterielles Kulturerbe ist. Voladores kann als Flieger übersetzt werden. Mich interessierte dabei, ob der Status der Zeremonie als Kulturerbe einen Einfluss auf die Arbeit des Bildungszentrums hat und möglicherweise das Identitätsverständnis der Totonak verändert: Führt die Nominierung der Zeremonie der Voladores zu einer Minderung der kulturellen Diversität der Lebensweise der Totonak? Gewinnt die Zeremonie dadurch an Wert, den sie traditionell gar nicht innehat? Das CAI fungierte hierbei sowohl als Ausgangspunkt meiner Feldforschung als auch als Indikator für den Stellenwert der Zeremonie innerhalb der Kultur der Totonak. Dies begründet sich in der Annahme, dass eine Bildungsinstitution, die als beispielhaftes Projekt für den Erhalt und die Weitergabe künstlerischen Ausdrucks ausgezeichnet ist, eine Kultur in ihrer Vielfalt darstellt und Kunstformen gleichwertig fördert.

Dennoch nahm ich an, dass die Zeremonie ein besonderes Ansehen aufgrund der Nominierung genießt und sich dies in einer höheren Bewertung im Vergleich zu anderen Künsten niederschlägt. Durch teilnehmende Beobachtungen, semistrukturierte Interviews sowie informelle Gespräche verstand ich, dass die Totonak in ihrem Lebens- und Weltverständnis Kunst nicht bewerten. Es geht vielmehr darum, für sich selbst die jeweilige Ausdrucksform zu finden, die zum Selbst passt und für die man in gewisser Weise bestimmt ist. "Staku ist das Licht, das wir in uns tragen. […] Dieses Licht erwacht auf verschiedene Weisen. Wir glauben, dass wenn Kinder hier sind und den Tanz sehen, plötzlich das Licht ... pff ... austritt und sie sagen, ich möchte Tänzer werden. […] In solchen Momenten erscheint das Licht. Liegt das Licht einmal offen, wird es nicht wieder verschwinden." (Aussage eines Voladors) Der künstlerische Prozess wird so zu einem Dialog zwischen der eigenen Person und den kulturellen Wurzeln. In welcher Form dies geschieht, wird nicht bewertet. Dahingehend konnte ich meine Annahme, dass es im Bildungszentrum zu keiner ungleichen Gewichtung von Kunstformen kommt bestätigen, dennoch hat der Tanz einen besonderen Stellenwert in der Kultur der Totonak: „Im Falle der Totonak ist und war die lebendigste Ausdrucksform immer der Tanz.“ (Aussage eines Gründers des CAI).

Und auch die spirituelle Intention, die hinter der rituellen Zeremonie der Voladores steht, zeigt, dass diese Zeremonie im Weltverständnis der Totonak eine wichtige Rolle einnimmt, was jedoch nicht bedeutet, dass sie höherwertiger ist als andere. Zum Einfluss der Nominierung als immaterielles Kulturerbe lässt sich sagen, dass die Anerkennung durch die UNESCO zwar zur Bewerbung eines Teiles der Zeremonie – dem Tanz der Voladores – genutzt wird, dieser jedoch bereits viel länger als Touristenattraktion dient. Um Arbeitsbedingungen zu verbessern und die kulturelle Bedeutung der Zeremonie zu erhalten, setzten sich mehrere Verbände der Voladores zusammen und erarbeiteten schließlich auch die Bewerbung als immaterielles Kulturerbe. In diesem Sinne unterstützt die Nominierung den Erhalt der Zeremonie in ihrer traditionellen Form, war aber nicht ausschlaggebend für dahingehende Bemühungen. Abschließend soll festgehalten werden, dass der Tanz der Voladores aufgrund seines Unterhaltungscharakters in nationalen wie internationalen Kontexten eine attraktive Einnahmequelle für die Beteiligten darstellt. Darauf reagierende Bemühungen, das dahinter stehende spirituelle Konzept zu bewahren und weiterzugeben, entstanden bereits vor der Nominierung durch die UNESCO und basieren auf dem Verständnis der Totonak über ihre eigene Identität und Lebensweise als bedeutendes, kulturelles Erbe.

Ixpaxtakkan litutunaku – limakxtum tasmanin xla litalakgapasni.

Humberto García García, Pädagoge des CAI, war bereit, die Zusammenfassung meines Forschungsberichts vom Spanischen in die Sprache der Totonak zu übersetzen. Ich bin dafür sehr dankbar und freue mich, dass auf diesem Wege die Sprache der Totonak hier in ihrer eigenen Form präsentiert werden kann:

Kkilalh nak kachikin Papantla, walacha nak México, ixpalakata kikgalaskininalh lilakgapaskanit paxtak xla tasmanin. Nak ja´e pulataman wi ixtaxkgakget makkaxtlawana, akgtum pukatsin nema tapuskujmana litutunaku. Nak 2012 lilakgapaska la akgtum yali´akxilhtilhan nema maktakgalha tasmanin. Litutunaku, nachuna xamakgapitsi matakuxtunanin xalak ixpu´itat America, tatantliyacha kgosni: Akgtum talakgachixkuwin nema lilakgapaskanit nak 2009. Nema akgtum talakgoyacha xla ixtaxkgakget makkaxtlawana chu nikula namatlanikgo taskujut xla litutunaku, wa ama tatakgatsikgo kintaputsan. ¿Tlanchi nama kgosnin ixtamatlajilh ixtasmanin litutunaku? ¿Chunachi ixtatliwakglhli kgosnin? Nak ixtaxkgakget makkaxtlawana ana kmatsukilh kintaputsan. Ixpalakata lilakgapaskanit lanka likaknit, klapuwa nama takatsin tlan tamasin chu niniwalapa la lanka ixlikaknit. Wali ixtaxkgakget makkaxtkawana kimakwanilh la akgtum litlan, xpalaka na´ana makgtaxtuyacha kgosni. Chuna kmatlanilh, ama kgosni lanka likaknit xla litutunaku, chu je´a lanka litalakgapasni maktsuwima xamakgapittsi tasmanin. Lata akxilhli, takgalaskinin chu takgalhchiwin, kmakgachakxilh xlaka litutunaku, lata maklhkatsi ixlatamat chu kakilhtamaku, nitapulhkawali ixtasmaninkan. Xlakan, tatakgasniputum nikula laknukgo ixtatakgatsin, lata limakaminkanit. Staku nema klina chatunu chatunu. […] Staku tipakgatsi lalakastakwanan. Chuna kali´akxila laktsukamanan akxni tatantli ana tasi staku…pfff… tasi chu tawan, akit tantlin kwanputun […] akgni taxtu staku […] chuna akgni taxtu staku, nikxni kitimixpa. (Chuna wan kgosni) Ixtatlawankan wanacha la´akgtum takgalhchiwinnema tatakgatsi ixkilhtsukutkan, Nitata´anini neje talaksaka. Tantlin liwaj likaknit nak litutunku – “Xlalitutunaku tasmanin nema liwaj tamalamanimana wa tantlin” (Chuna wan timatsukinit ixtaxkgakget makkaxtlawana) – ja´e pukatsin niwata tipatum tasmanin lipawan. Xalistakni nema lakxtum talayacha kgosnin, maxki ama talakachixkuwin akgtum lanka likaknit nema likaknikgo kakilhtamaku. Ja´e niwaniputum xlakata watawa tlan. Ixlitliwakge nema kgalhi, limakwan xpalakata makpuntumikan kgosni. Nachuna tamin ta´akxilha amakapitsi. Chuna chi taliskujmana chu talitljamana chu makxtum talanit xlakata natatliwaklha. Chunachi tamatsukunit nalaktsokwalikan ixlitalakgapasni. Chunachi, ama litalakgapasni xla kgosni tatliwaklhcha xamakgan tantlin, nichuna litsukulh, astan tatlanitilhalh. Nama kgosni tlan lilakgastanwan nak kaniwa pulataman, tatlin kgosni nataskujut wanacha xpalakata naxokgokan. Xataliskujni xatamakpuntumin ixlistani kgosni, xla tuwaj ixwanit lata yaxlilakgapaskan. Ja´e taskujut tatliwaklhi nakxtasmaninkan litutunaku, nitaskini alitunu nalakapasa.