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Inmitten duftender Wolken: ein neues Welterbe und traditionelle Keramik

Sites of Japan’s Meiji Industrial Revolution: Hagi

In der Stadt Hagi wird seit mehr als 400 Jahren Keramik produziert. Zum Beispiel stehen Teeschalen aus diesem sogenannten Hagiyaki im japanischen Teeweg direkt nach der auch im Westen sehr bekannten Raku-Keramik an zweiter Stelle. Aber auch in anderen Formen traditioneller und moderner Gebrauchskeramik und Kunst gehört Hagiyaki seit langem zu den qualitativ hochwertigsten und prestigeträchtigsten und hat trotz momentan nicht optimaler Absatzzahlen seinen festen Platz auf dem japanischen und internationalen Markt.

Im Juli 2015 wurden 5 Stätten in Hagi, welche die Vorreiterrolle Hagis für die industrielle Revolution Japans Ende des 19. Jahrhunderts dokumentieren, auf Antrag der japanischen Regierung von der UNESCO zum Welterbe erklärt, zusammen mit weiteren über ganz Japan verteilten Stätten. Zugegeben, die Stätten mögen auf den ersten Blick visuell wenig beeindruckend wirken; durch die interessant und gut erklärten historischen Zusammenhänge, den freundlichen und begeistert erläuternden Führern und nicht zuletzt durch das Meer von kurzlebigen Kirschblüten Anfang April war es dennoch eine beeindruckende Zeitreise. Vielleicht lag es aber auch daran, daß die Stadt Hagi nicht nur viele wunderbar stimmungsvolle und gut erhaltene Plätze aufweist, sondern auch kulturell einiges an Charme aufbieten kann. Das Prädikat "Welterbe" mag Leute herlocken, aber selbst die Bevölkerung verweist statt auf die Welterbestätten selbst eher auf lokale, charismatische Persönlichkeiten und die mit ihnen verbundenen Orte, welche in einem 2015 ausgestrahlten TV-Historiendrama die Hauptrolle spielten.

Die mit dieser Designierung steigenden Tourismuszahlen scheinen jedenfalls Forschungen zu bestätigen, die in dem "Branding" einer Region mit der international anerkannten "Marke" UNESCO Welterbe einen positiven Effekt sehen und ein Unterschätzen der Marke seitens des Welterbestättenmanagements aber auch anderer Stakeholder bemängeln. In Hagi jedenfalls wird das neu gewonnene Welterbe von Stadtverwaltung, Tourismusbüro und Museum als Bereicherung der Kulturlandschaft beworben und vorbildlich ein nachhaltiges Management betrieben.

Wie aber sehen Vertreter des bereits seit 1600 etablierten keramische Kunsthandwerks und seiner Vermarktung das Welterbe? Wird die scheinbare Chance auf steigende Absatzzahlen und vermehrtes Interesse an Hagiyaki bei nationalen und internationalen Welterbetouristen genutzt? Welche Dynamiken entwickeln sich ausgelöst durch die Designierung als Welterbe? Welche Hoffnungen aber auch Ängste gehen mit 150% mehr Tourismus einher? Und: Wird das Welterbe überhaupt von allen positiv gesehen und die Designierung befürwortet? Welche Gründe könnten dagegen sprechen - und könnte womöglich auch hier eine Welterbe-Designierung den berechtigten Einwänden eines Großteils der regionalen Bevölkerung zum trotz beantragt worden sein?

Möglichen Antworten auf diese Fragen soll der Forschungsbericht sich nähern.

Und Welterbe oder nicht - wie auf den Fotos zu sehen ist Hagi eine wunderschöne, besuchenswerte Stadt abseits des Massentourismus und eine Reise wert. Und wer einmal dort Hagiyaki in der Hand gehalten hat oder zum Trinken oder Speisen verwenden konnte, der wird vielleicht auch schnell die vielfältigen Angebote der Galerien und Geschäfte nutzen und sich eine Teeschale oder Kaffeetasse nicht nur als Souvenir sondern für den täglichen oder besonderen Gebrauch mit nach Hause nehmen. Falls man nicht lediglich im Reisebus die 5 "Welterbestätten" abklappert...