La Amistad National Park I
Der Nationalpark La Amistad ist ein binationales UNESCO Weltnaturerbe. Das 570.045 Hektar große Gebiet trägt seit 1983 in Costa Rica und seit 1990 in Panama das Siegel der UNESCO, da es alle 4 Kriterien des Naturwelterbes erfüllt. Unter anderem wird La Amistad ausgezeichnet für die außergewöhnlich schönen Berge, Panorama-Ausblicke und spektakuläre Wasserfälle. Die Berge der Talamanca Range haben dabei einen besonders großen spirituellen Wert für die indigene Gemeinde der Naso die mit ca. 3000 Personen in 14 Dörfern in und um das Gebiet des Nationalparks leben.
Im Rahmen unserer Forschung haben wir uns unter anderem mit zwei aktuellen Problematiken beschäftigt: der Bedrohung durch den Bau von Wasserkraftwerken und die Forderung der Naso nach einem eigenen Verwaltungsgebiet, einer Comarca.
La Amistad zeichnet sich durch eine außergewöhnliche Artenvielfalt aus, da hier die Fauna und Flora Nord- und Südamerikas aufeinandertreffen. Das besondere Ökosystem dieser Region ist jedoch durch den Bau und Betrieb der Wasserkraftwerke stark bedroht und die UNESCO sieht den Welterbestatus des Nationalparks als gefährdet an. Der Bau hatte außerdem starke Auswirkungen auf das Leben der Naso. Es kam zu großen internen Konflikten und die Forderung an die Regierung nach territorialer Sicherheit durch eine eigene Comarca, wie sie bereits 5 der 7 indigenen Gruppen Panamas zugesprochen wurde, wuchs.
Die Belange der Naso und die Bedrohung des Welterbestatus von La Amistad werden weitgehend getrennt voneinander behandelt und diskutiert. Aber können Natur und Kultur hier überhaupt voneinander getrennt betrachtet werden oder zeigt dieser Kontext nicht viel mehr, dass von einem komplexen wechselseitigen Verhältnis zwischen Mensch und Umwelt ausgegangen werden sollte?
Wir haben uns also im Februar 2017 zu zweit auf den Weg nach Panama in das Dorf Bonyic gemacht, um dort folgendes herauszufinden:
- Welche kulturelle Bedeutung hat der Ort des Weltnaturerbes La Amistad für die Naso?
- Was würde die Anerkennung eines Comarcas bedeuten und verändern?
- Welche Rolle spielt nachhaltiger Tourismus im Leben der Naso?
Wir waren insgesamt zwei Monate in Panama, wovon wir zwei Wochen in La Amistad in dem Dorf Bonyic verbracht haben und uns zusätzlich zur Vor- und Nachbereitung in der selbigen Provinz Bocas del Toro aufhielten. Unsere Zeit in Bonyic ist sehr intensiv gewesen, da wir offenen Menschen begegneten und an ihrem Alltagsleben teilnehmen durften. Ausflüge in umliegende Dörfer und Wanderungen waren ebenso Teil unserer Forschung wie das tägliche gemeinsame Kochen. Aus diesen Gründen nahmen bei uns die Methode der teilnehmenden Beobachtung und das Führen von informellen Gesprächen einen hohen Stellenwert ein. Ebenso führten wir Interviews, u.a. mit dem König der Naso, Reynaldo Alexis Santana und machten eine qualitative schriftliche Umfrage.
Und tatsächlich erkannten wir schnell, dass der Alltag und die Kultur der Naso sehr mit der Natur verbunden sind. Die Natur ist ein Teil ihres Lebens, Sie leben mit und von ihrer Umwelt und achten sehr auf Gleichgewicht und Nachhaltigkeit. Oft wurde betont, dass die Erde als ernährende Mutter betrachtet wird, das Wasser als lebensspendendes Blut und die bewaldeten Berge als ihr Atem. Trotz dieser Naturverbundenheit, steht ausgerechnet der Umweltschutz der eigenen Comarca im Weg. Das Gebiet der Naso ist in zwei Naturschutzgebiete gespalten: den Nationalpark La Amistad und den Palo Seco Forest Reserve. Dies Erschwert die Einrichtung eines eigenen Verwaltungsgebietes und lässt die Naso als eine der wenigen indigenen Gruppen Panamas ohne eigene Comarca und die dazugehörigen Rechte und Anerkennung dastehen.
Der Tourismus soll nicht nur als Einnahmequelle dienen sondern ist auch für den Kulturerhalt wichtig. Aktuell entstehen beispielsweise Bücher, um die Sprache der Naso sowie Legenden und Traditionen festzuhalten, für kommende Generationen sowie für Besucher. Außerdem soll der Tourismus die Bekanntheit der Naso steigern und ihnen so helfen mehr Gehör bei der Regierung Panamas zu finden. Nachhaltigkeit und Umweltschutz sind dabei selbstverständlich und die Angst vor Massentourismus bei ca. 4 Besuchern im Monat nicht vorhanden.
Natürliche Orte haben durch mythologische Zuschreibungen, historische Aspekte, Namensgebung und Bezüge zu Vorfahren eine hohe kulturelle Bedeutung für die Naso. Dies zeigt ein weiters Mal, wie stark die Naso-Kultur mit ihrer Umwelt verflochten ist und dass das Weltnaturerbe La Amistad nicht nur einen ökologischen Wert besitzt.