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„It’s very, very touristy“ Grenzen und Möglichkeiten von Welterbe als Raum interkultureller Begegnung

Hoi An Ancient Town

Eine Reise in das kleine Hoi An in Zentralvietnam ist wie eine Zeitreise. Alte chinesische Tempel und japanische Handelshäuser bestimmen das Straßenbild. Besonders romantisch erscheint die Stadt abends, wenn die Straßen von unzähligen bunten Laternen erleuchtet werden und auf dem Fluss Kerzen angezündet werden. Es erinnert an eine Szene aus einem Disney-Film. Verstärkt wird dieser Eindruck durch klassische Musik, die aus verborgenen Lautsprechern überall erklingt. Insgesamt erinnert die Stadt sehr an einen Themenpark, zum Beispiel auch dadurch, dass Tickets verkauft werden, die den Zugang zur Altstadt regulieren. Seit Hoi An Ancient Town 1999 UNESCO Weltkulturerbe geworden ist, ist die Stadt engagiert in den sogenannten heritage tourism eingestiegen. Heritage tourism bezeichnet die Vermarktung von kulturellem Erbe für Tourismus.

Alte kulturelle Traditionen wurden wiederbelebt und neue erfunden. Statt dem alltäglichen Leben der Einwohner zu dienen, ist die Altstadt auf Touristen ausgerichtet. Die Häuser bieten nur noch wenigen Einheimischen ein Zuhause, sondern beherbergen meist entweder einen Schneiderladen, ein Souvenirgeschäft oder ein Restaurant. In meinen Interviews wurde der Ort charakterisiert als „it’s very, very touristy.“ Mich hat die Frage beschäftigt, ob interkulturelle Begegnung durch die Kommerzialisierung und die mehr und mehr schwindende Authentizität Hoi Ans erschwert wird. Die Zielgruppe meiner qualitativen Forschung waren Backpacker-Touristen, die unter anderem mit dem Ziel reisen, Menschen anderer kultureller Herkunft kennenzulernen. Da das Zusammenbringen solcher Menschen ein Ziel der UNESCO ist und Welterbestätten solche Zusammentreffen ermöglichen, habe ich in Hoi An die Erfahrungen von Backpackern diesbezüglich erforscht. Wie sahen Interaktionen mit den Einheimischen aus? Gab es einen Austausch oder einen Dialog? Welche Faktoren haben einen Einfluss? Aussagen wie „I felt like a walking dollar sign“ stimmen vielleicht eher pessimistisch, ich habe allerdings auch zum Beispiel die Geschichte von einer spontanen Bootsfahrt mit einem Einheimischen, der kein Englisch sprechen konnte, gehört.

P.S.: Mittlerweile auch eine Einnahmequelle durch den Tourismus in Hoi An: Spannende Fotomöglichkeiten bieten. Für ein Foto auf einem Bullen habe ich $1 bezahlt.